Mit dem Mountainbike über die Alpen. Von Norden nach Süden, von Garmisch Partenkirchen. Eine Woche Auszeit mit dem Bike und dem notwendigsten Gepäck im Rucksack.
Man kann eine Transalp auch als geführte Tour in einer Gruppe machen, aber das wäre nur der halbe Spaß, nur ein Drittel des Abenteuers und kostet ca. viermal so viel. Ich mache das lieber in ganz kleinem Rahmen, also in einer Kleinstgruppe. Zu zweit, oder gleich ganz alleine. Das hat den Vorteil, dass man wesentlich flexibler ist, man jederzeit eine Pause einlegen kann, wenn man gerade Lust hat oder auch einen Extra-Anstieg fahren kann, wenn das Wetter gerade super ist und die Beine immer noch frisch genug sind. Außerdem findet man praktisch immer und überall einen Schlafplatz ohne vorher reservieren oder buchen zu müssen. Und die Strecke kann man so planen, wie man sie selber am liebsten fahren will.
Es gibt einige Möglichkeiten, die Alpen von Norden nach Süden zu überqueren und verschiedene Start- und Zielorte. Bei meinen bisherigen Alpenüberquerungen bin ich jeweils in Garmisch-Partenkirchen losgefahren, das Ziel war der Gardasee. Dabei habe ich mich grundsätzlich an der als “Albrecht-Route” bekannten Strecke orientiert und die Route dann individuell angepasst. Wobei das gar nicht unbedingt nötig ist, denn die Route ist bereits ausgesucht schön und auch anspruchsvoll.
Meine nächste Transalp würde ich dennoch lieber zum Comer See oder zum Lago Maggiore fahren – oder gleich von Osten nach Westen den ganzen Alpenbogen entlang von Wien nach Nizza. Wofür allerdings drei, vier Wochen Zeit nötig wären. Keine Ahnung, wann das mal möglich sein soll.
Ich empfehle, mit Navi auf Tour zu gehen und die Strecke vorher gründlich zu planen oder GPX-Daten zu kaufen, die Andreas Albrecht in seinem Webshop (https://transalp.shop/) gegen ein kleines Entgelt anbietet.
Bei meiner ersten Transalp im Jahr 2008 waren Bike-GPS noch nicht so weit verbreitet und mein Bruder und ich haben uns damals wie Pfadfinder mit Kompass-Karten über die Alpen bewegt. Das ging auch, hatte aber den Nachteil. dass ich bei der Abfahrt kiloweise Karten im Gepäck hatte und wir auch zwischendurch immer wieder einmal Abzweigungen suchen mussten.
Mit den neuen Bike-Navis – ich schwöre dabei auf Garmin – ist das Navigieren dagegen ein Kinderspiel. Sind die gpx-Daten der Route hochgeladen, muss man praktisch nur noch der Strecke nachfahren. Für alle Fälle ist es gut, immer ein paar Alternativrouten abzuspeichern, sodass man zum Beispiel bei Schlechtwetter eine Abkürzung nehmen kann.
Zur Not kann man auch ein Smartphone zur Navigation verwenden, wobei ich das allerdings aus mehreren Gründen nicht mag oder empfehle. Erstens sind Smartphones bei weitem nicht so Stoß- und wasserfest wie eine richtige Bike-Navi. In ruppigem Gelände, bei einer rasanten Abfahrt oder bei einer Tragepassage kann es schon mal passieren, dass das zur Navigation verwendete Gerät runterfällt. Zweitens das Display: Smartphone-Displays sind zwar super-brillant, aber wenn die Sonne draufscheint oft schlecht abzulesen. Und das immer noch wichtigste Argument gegen das Smartphone als Navi ist der Akku. Von meinem Garmin kann ich mich locker einen ganzen Tag lang navigieren lassen, ohne Sorge haben zu müssen, dass ihm der Saft ausgeht. Meinem Smartphone traue ich das nicht zu. Und selbst wenn der Akku vielleicht durchhalten würde: ich fühle mich in den Bergen sicherer, wenn mein Handy immer gut aufgeladen ist, damit ich es im Notfall zum Telefonieren verwenden kann.
Geführte Transalps bieten einen Gepäckservice an und bringen das Gepäck immer von einem Ãœbernachtungsort zum nächsten, sodass man immer nur mit ganz leichtem Gepäck unterwegs ist. Das klingt praktisch und angenehm, ist aber meiner Meinung nach auch eher unnötig. Wenn man bereit ist, auf Luxus zu verzichten, sich beim Packen auf das Nötigste beschränkt und man das richtige Gewand hat (siehe Packliste). Denn wenn das Wetter umschlägt, dann braucht man so oder so schnell einmal warme Sachen zum Anziehen. Und die brauchen im Rucksack den meisten Platz. Wenn es wirklich kalt wird, dann muss man eben alles übereinander anziehen – die bekannte Zwiebelschalen-Technik.
Das Gewand, das man tagsüber an hat, wird – soweit möglich – jeden Abend gewaschen und zum Trocknen aufgehängt, damit man es am nächsten Tag wieder anziehen kann.
Ja, und dann muss man eigentlich nur noch fit genug sein. Es gilt eine Woche lang jeden Tag rund 8 Stunden lang im Sattel zu sitzen und, dabei täglich 2.500 bis 3.000 Höhenmeter und 70 bis 100 Kilometer am Bike zurückzulegen. Das klingt nicht so dramatisch viel, wenn das Gelände aber sehr schwierig wird und man einmal ein paar Stunden lang schieben muss, dann muss man schon zusehen, dass man das Etappenziel noch rechtzeitig erreicht, bevor es dunkel wird.
Die Transalp-Packliste
Eine Mountainbike-Transalp ist etwas Anderes als eine Gravel-Bikepacking-Tour. Bei einer MTB-Transalp muss man damit rechnen, dass man das Bike zwischendurch auch einmal schieben oder tragen muss, weil der Weg nicht mehr fahrbar ist. Daher ist es schon einmal entscheidend, dass das Bike möglichst leicht und nicht mit einigen Taschen behangen ist. Transalps werden daher in der Regel mit Rucksäcken gefahren. Am Rad selbst sind dann bloß noch eine kleine Werkzeugtasche, die Trinkflaschen und die Navi.
Wichtig ist bei allem was in den Rucksack kommt: Immer nur so viel einpacken, wie benötigt wird, das gilt auch für Kleinigkeiten wie Zahnpasta. Erst recht bei der Verpflegung für zwischendurch. Immer nur Snacks, Riegel oder Gels für 1 bis maximal 2 Tage mitführen. Den Rest unterwegs einkaufen. Trinkwasser findet man in den Alpen eigentlich immer genug. Und beim Gewand führt kein Weg an Top-Funktionswäsche vorbei. Die lässt Schweiß durch, hält Wind und Regen ab, nimmt Gerüche weniger an, lässt sich schnell und einfach waschen und trocknen, braucht im Rucksack wenig Platz und fällt viel weniger ins Gewicht.
Grundausr?stung:
- Rucksack: ca. 25 Liter, am besten mit mehreren Fächern. 30 Liter sind auch noch OK, je kleiner der Rucksack desto besser ist man aber unterwegs. Wichtig ist ein guter Sitz (Beckengurt und Clip auf Brusthöhe), damit er nicht rutscht oder scheuert. Träger mit Schweiß-Absorbern und ein Regenüberzug gehören unbedingt dazu.
- Bargeld (nicht alle Hütten akzeptieren Kartenzahlung)
- E-Card, Kreditkarte, Bankkarte, Alpenvereinskarte
- Verbandspaket + Medikamente
- Smartphone
- Navi Ladekabel
- Powerbank
- Ladegerät + Ladekabel (Anschlüsse für alle Geräte)
- Bike-Helm
- Sonnenbrille
- 2 Kurzarm-Trikots (eines wird getragen, eines in Reserve)
- 1 Langarm-Trikot
- 1 Bike-Hose kurz
- Armlinge und Beinlinge
- Bike-Socken
- 1 Wind- und Regenjacke
- 1 Wind- und Regenhose
- 1 Helmüberzieher (Regenschutz)
- Schuhüberzieher (Regenschutz)
- Handschuhe kurz
- Handschuhe lang
- 1 Langarm-Shirt für den Abend
- 1 lange Hose für den Abend
- 2 x Unterwäsche +Socken für den Abend
- Flip-Flops
- 1 Hüttenschlafsack
- 2 Trinkflaschen (750 ml)
- Tages- und Notration Power-Gels und Müsli-Riegel für unterwegs
- Magnesium, Salztabletten
- 1 Multitool
- 2 Reifenheber
- Pumpe bzw. CO2-Patronen
- 2 Ersatzschläuche (1 wenn Tubeless gefahren wird)
- Bei Tubless: Tubless-Flickwürste, Ersatzventil
- Kettenschloss + Kettennieter
- Bike-Öl bzw. Flüssigwachs zum
- Licht (hell leuchtendes LED für vorne + hinten)
- Stirnlampe
- Gaffer-Band (für alle scheinbar unmöglichen Reparaturen)
- Fahrradschloss
- Zahnbürste + Zahnpasta
- Allzweck-Seife (zum Duschen und Waschen der Kleidung)
- Taschentücher/Feuchttücher
- Ohropax (für Nächte in Hütten-Lagern)
- Sonnencreme
- sonstige benötigte Hygiene-Artikel
Wer ganz auf eigene Faust unterwegs sein will und in den Bergen auch biwakieren möchte – was ich bisher nicht gemacht habe -, der braucht auch noch Zelt, Schlafsack, Iso-Matte, Campingkocher und Kochgeschirr. Das alles hat dann allerdings nicht mehr im 25 Liter Rucksack Platz. Eine solche Transalp wird dann zum Bikepacking-Abenteuer.
Zeitfenster und Tipps
Will man eine Mountainbike-Transalp genießen, dann kann man sie eigentlich fast nur im Zeitraum ab Ende Mai / Anfang Juni bis Ende September, vielleicht noch Mitte Oktober machen. Davor und danach ist es aufgrund der Schneelage zumeist fast unmöglich, mit dem Rad fahrend über die Bergpässe zu kommen. Man kommt dabei schließlich bis auf rund 2500 m Seehöhe.
Außerdem muss man sich informieren, ob und welche Berghütten am Weg geöffnet sind. Auch wenn man nicht vor hat, dort zu übernachten – eine Panne oder ein Wetterumschwung können das schnell einmal erfordern. Ich habe auch im Juli schon Schneestürme erlebt, die fast aus dem Nichts gekommen sind. Viele Hütten, auch in Italien, sperren zudem schon Mitte September zu und öffnen dann zum Teil erst wieder Monate später. Es ist daher wichtig, dass weiß, wo und wie man im Notfall übernachten kann und etwas zu Essen bekommt. Auch wenn eine stabile Schönwetterlage absehbar ist ist es daher vielleicht schon etwas riskant, eine Transalp erst im Oktober zu starten, zudem die Tage dann auch schon wieder ziemlich kurz werden. Jedenfalls sollte die Route dann bestens geplant sein.
Ein wichtiger Tipp ist noch, vor und während einer Tour das Wetter genau zu beobachten und sich über die Wetterlage zu informieren. Den Start auch besser um ein paar Tage oder Woche(n) zu verschieben, wenn sich ein Schlechtwettereinbruch abzeichnet. Es bringt nichts, auf Biegen und Brechen loszufahren, wenn man dann erst recht festsitzt und tagelang irgendwo ausharren und abwarten muss, dass das Wetter wieder besser wird.
Auch deshalb ist es mir lieber, eine Transalp auf eigene Faust durchzuführen. Man ist einfach flexibler und muss nicht an einem Tag X starten, nur weil man irgendetwas gebucht hat. Bergbewohnern wäre es früher auch nie eingefallen, sich bei (absehbarem) Schlechtwetter auf den Weg zu machen.
Ein letzter Tipp ist, morgens immer möglichst zeitig aufzubrechen. Dann kommt man weniger in Gefahr, dass man von einem Gewitter überrascht wird. üblicherweise steigt i8m Sommer die Gewittergefahr in den Bergen in den Nachmittagsstunden.
Transalp 2019
Und hier Impressionen von meiner Transalp im September 2019. Wir waren auch damals zu zweit unterwegs und hatten – nachdem wir den Start wegen eines Schlechtwettereinbruchs um vier Tage verschoben hatten – fantastisches Wetterglück und sieben Tage lang großartige Bedingungen.